Über Freundschaft

Felix Runs for Mary's Meals
5 min readDec 17, 2020

Letzten Montag wurde mal wieder Botox gespritzt. Nicht in mein Gesicht (!) sondern in meine Arme und Beine. Botox ist ein Nervengift, das gezielt in Muskeln gespritzt wird, um einzelne Muskelfasern zu lähmen. Bei mir wirkt sich das positiv auf meinen Tonus, meine eigentlich ständig verkrampfte Muskulatur aus und die Wirkung hält ungefähr drei Monate an.

Mein ganzer Körper ist dann erst einmal ziemlich steif und ich dachte, das Training an der Lyra wird in dieser Woche nicht so erfolgreich verlaufen. Aber je länger ich lief, desto mehr entspannte sich mein Körper. Leider neigte sich nach 41 Minuten meine Therapiezeit dem Ende zu und wir mussten langsam aber sicher abbauen.

Aber immerhin habe ich in dieser Zeit 1.800 m zurückgelegt. Das mussten meine Therapeutin und ich mit diesem Selfie festhalten. Auf dem zweiten Foto kann man vielleicht erkennen: Ich habe eine Laufgeschwindigkeit von 3,2 km/h erreicht. Schließlich habe ich ja auch versprochen, alles zu geben! Eure vielen motivierenden Nachrichten und die unglaublichen Spenden helfen mir, weiter dran zu bleiben — noch eine Woche lang, dann erst ist Weihnachten. Ihr könnt die Aktion weiterhin unterstützen: http://mv4m.de/felix

Kürzlich hatte ich Besuch von einem meiner besten Freunde, Tassilo, der seinen Geburtstag mit mir feierte. Bei uns zuhause werden Geburtstagskinder regelrecht verwöhnt und es ist gar nicht ausgeschlossen, dass er seinen Geburtstag noch öfter bei uns feiern wird (so seine Worte)!

Wir haben überlegt, seit wann wir uns eigentlich kennen — witzigerweise seit der Zeit in den Camps von denen ich in einem meiner Blogbeiträge schon berichtet habe. Wir stellten fest, dass unsere Freundschaft deshalb von Anfang an auf ganz anderen Füßen stand, als wenn man sich nur bei Partys, während des Studiums oder während des Jobs trifft. Nach Rumänien waren wir gereist, weil wir etwas Sinnvolles, Gutes tun wollten, “little acts of love”, wie wir das bei Mary’s Meals nennen. Aber tatsächlich hatten wir auch eine tolle Zeit dort, haben viel gelacht und viel Quatsch gemacht mit unseren Schützlingen und im Team. Aber wir konnten von Anfang an auch Themen besprechen, die uns beschäftigten und mit denen wir uns ernsthafter auseinandersetzten.

Tassilo hat sehr schnell von meinem Unfall erfahren, mitgefiebert und auf Updates gewartet, wie es mir ging. Wie er sagt, hat er während dieser Zeit erstmals angefangen, wirklich zu beten. Als ich dann zurück in Deutschland war, kam er mich zum ersten Mal im Krankenhaus besuchen, zusammen mit einem weiteren Freund. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht sprechen und ehrlich gesagt, kann ich mich an diese Phase auch nicht mehr gut erinnern. Meine Freunde waren zwei Tage alleine bei mir in der Reha-Klinik und es war sicherlich nicht einfach für sie, mich in einer so veränderten Situation zu erleben. Aber wie Tassilo es beschreibt, haben sie wie früher einfach erzählt und erzählt. Ich konnte nicht antworten aber doch reagieren, in dieser Zeit nur mit Lachen oder Tränen. Mehr ging nicht. Tassilo sagte heute, wie froh er war, dass ich nicht mehr aufhören konnte zu lachen, als er über eine Geschichte sprach, die wir zusammen erlebt hatten und die nur er und ich kannten. Ab da wusste er, dass ich immer noch der alte Felix war.

Besuch von einem Freund in der Klinik

Unsere Beziehung hat sich nicht grundsätzlich verändert, allerdings sind stärkere Emotionen dazu gekommen, mehr Verletzlichkeit, eine andere Nähe. Wir quatschen immer noch über Gott und die Welt. Aber wir reden nicht um den heißen Brei herum, wenn es um meine jetzige Situation geht. Mit meinen engen Freunden kann und muss ich ganz ehrlich sein und sie mit mir.

Bei einer Verkleidungsparty

Mitleid ist fehl am Platz. Wir alle wissen, dass mein Leben sich verändert hat, aber wir erleben auch, dass unsere Freundschaften trotzdem so weiter bestehen können, wie vorher. Glücklicherweise behandelt mich keiner von ihnen plötzlich anders oder hat Hemmungen, mich zu treffen. Und ich habe von Anfang an darauf geachtet, ihnen der gleiche Freund zu sein, wie immer schon.

Leider kann ich nicht mehr alle Einladungen mitmachen. Manche meiner Freunde leben weit entfernt und ich kann eben nicht mehr einfach ins Flugzeug steigen oder sehr lange Fahrten durchhalten. Aber ich versuche, dabei zu sein, wo immer möglich. Dann sind meine Freunde an meiner Seite und helfen mir. Das kann auch zu sehr amüsanten Momenten führen. Einmal waren Tassilo und ich gemeinsam zu einer Hochzeit eingeladen. Als mich mein Pfleger Andrzej morgens schon fast fertig für die Trauung hergerichtet hatte, stürzte Tassilo plötzlich herein und entschuldigte sich wahnsinnig, dass er mich nach dem sehr fröhlichen Polterabend gar nicht mehr in mein Hotel begleitet hatte. Ich musste sehr lachen, wer hätte mich denn sonst ins Hotel zurückbringen sollen? Daran konnte er sich wohl nicht mehr so klar erinnern. Also alles fast wie früher!

Übrigens: Mary’s Meals ist eine Bewegung, die Menschen auf der ganzen Welt verbindet. Wir nennen das die große Mary’s Meals Familie:

Die Kinder, die Gemeinden, die die Organisation der Schulspeisung in eigener Verantwortung realisieren und durchführen, die Ehrenamtlichen (meist Mütter und Väter der Kinder), die das Essen kochen, die Mitarbeiter in den vielen Ländern, die Organisationen, mit denen wir Hand in Hand arbeiten, uns alle, die auf vielfältige Weise mithelfen die Vision von Mary’s Meals bekannter zu machen und alle, die uns mit großzügigen Spenden unterstützen. Das Tolle bei Mary’s Meals ist, dass jeder so helfen kann wie er möchte. Meldet Euch, falls ihr auch Lust habt, mitzumachen. Auch in unserer großen internationalen Verbindung entstehen die schönsten Freundschaften.
https://www.marysmeals.de

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Felix Runs for Mary's Meals

Ich bin Felix. Seit einem Tauchunfall bin ich an den Rollstuhl gefesselt. Hier dokumentiere ich meinen Sponsorenlauf, um Kindern in Kenia Schulessen zu erlaufen